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NEON writing my name

, by Katia Hermann

München – New York – Berlin

Alexej NEON Tursan gehört zu den Style Writern der ersten Stunde Deutschlands und ist seiner Leidenschaft bis heute treu geblieben. In Italien geboren, wuchs er als Kind in München auf und malte als Teenager 1984 seine ersten Pieces alleine. Nachdem er die bekannte Publikation wie „Subway Art“ und Filme wie „Wild Style“ über die aktive junge Writer Szene in New York entdeckt und die Styles aus New York verinnerlicht hatte, entwickelte er seinen eigenen komplexen Style. In München lernte er STONE, CEMNOZ, LOOMIT, DARCO und viele mehr kennen. NEON hinterließ Pieces auf Wänden und Zügen, vorerst alleine, später mit Crews, und malte 1986 auf einer Klassenfahrt in West-Berlin mit STONE das erste Panel auf eine U-Bahn in der damals geteilten Stadt.

Ein paar Jahre später, 1988, fühlte sich NEON gezwungen nach New York City zu reisen, um mehr über das Writing zu erfahren, da es in Deutschland keine weiteren Quellen oder Informationen gab. Er war zu neugierig und wissbegierig, so sparte er  für den Flug und hatte das Glück einen Kontakt Vorort zu haben. Einmal dort, lernte er ziemlich schnell bekannte Writer kennen, wie z. B. SENTO, KET, DAZE, CAV, SMITH und CES und malte an Halls of Fame, wie in der 238th street. Die New Yorker waren erstaunt einen deutschen Writer dort malen zu sehen, denn in diesen Jahren gab es kaum Besuch von Writern aus Europa. Neben dem Malen an Halls waren auch dort Züge das Ziel. 1989 reiste NEON schon erneut nach NYC und wiederholte in den 90er Jahren mehrere Besuche. 

Vor dem Style Writing entdeckte NEON als Kind eine sportliche Leidenschaft: das Tanzen, klassisches Ballett, eine eher unübliche Tanzform für Writer der Hip Hop Szene. 1990 zog er nach Berlin um an der Staatlichen Ballettschule in Ost-Berlin eine Ausbildung nach acht Jahren an der Heinz Bosl Stiftung in München, fortzuführen. Doch dann kam die Wende und alles war anders. Nichtsdestotrotz beendete NEON in Berlin eine Ausbildung als Tänzer und wurde von Staatstheatern engagiert und folgte dieser Karriere einige Jahre. Aus verschiedenen Gründen entschied er damals vorerst kaum noch malen zu gehen. Doch dann bekam er 1991 unerwarteten Besuch von den Jungs der damaligen OMT-Crew. Die Jungs gingen nachts los, um Züge zu bemalen und überredeten NEON mitzukommen. So entstand durch sie der erste Whole train in Berlin, der legendär in der Berliner Szene für Inspiration sorgen sollte und Berliner dazu ermutigten Whole Trains und Whole Cars zu malen.

Nach der „Mal-Pause“ während er seiner Tanzkarriere nachging, konzentrierte sich NEON wieder ab 1995 intensiv auf das Style Writing. Durch das Tanz- und Theatermilieu lernte er damals Bühnenbildner kennen, die Techniken und Bauten für das Bühnenbild anwendeten, die ihn für seine späteren Skulpturen inspirieren sollten. 1999 war NEON in der „Färberei“ in München drei Jahre lang sehr aktiv. Umgeben von vielen Künstlern, experimentierte er viel in dieser unglaublich kreativen Zeit.


Style und Form

NEON ist ein präziser und technisch extrem erfahrener Writer. Seit über 30 Jahren malt er im Semi-Wild-Style, Wild Style und Bone Style. Den Bone Style hatte CEMNOZ aus München entwickelt und NEON vermittelt. Das „Knochengerüst“ der Buchstaben wird als Erstes wie eine Skizze gemalt, um dann die „Bones“ der Buchstaben mit „Fleisch“ zu umwickeln. So gelingt ein organischer Aufbau, eine komplexe verschachtelte Komposition der Buchstaben, wie in Labyrinthen verliert sich der Blick, um die Buchstaben zu entziffern, die trotz rigorosen Aufbau Dynamik, Schwung und Bewegung enthalten. Schon ab den 90er Jahren interessierte sich NEON für die Transposition von Style in die dreidimensionale Form, um „Letter Skulpturen“ zu schaffen. Mit Styropor, Gips und Leichtbeton (Materialien aus dem Bühnenbild) experimentierte er mit bildhauerisch und schuf großformatige Skulpturen aus verschachtelten Großbuchstaben aus N, E, O und N. In Cubus-Form, als Relief oder als Stuck für die Decke, entwickelte er neue Formen und Möglichkeiten Wild Style in Objekte künstlerisch „einzubauen“. Eine seiner bemalten großen Reliefs platzierte er Anfang 2000 in Berlin an das damalige U-Bahn-Haus der Eberswalder Straße in der Mitte des Giebels. Es passte wunderbar in die Architektur, blieb aber leider nur zwei Tage.

Die Zeichnungen und Leinwände von NEON scheinen Ausschnitte seiner Styles zu zeigen, wie ran gezoomt, Großaufnahmen, Details, verfeinerte Linienkonstrukte. Mit einer gedämpfteren Farbpalette als auf Wänden, schafft er elegante zeichnerisch Motive auf kleine Formate zu bringen. Es geht ihm immer wieder um Variationen und der Weiterentwicklung seiner Buchstaben, schwungvoll, leicht abstrahiert, dennoch klar, kontrolliert und elegant.

Seit geraumer Zeit befasst sich NEON mit VR und experimentiert mit den neuen Möglichkeiten der virtuellen Realität für das Writing. Das virtuelle Malen in dreidimensionaler Form im Raum durch die VR-Werkzeuge weist Parallelen zum großformatigen Writing, bildhauerischen Tätigkeiten und dem Tanz auf und wird neue Möglichkeiten für NEON als Writer und Ex-Tänzer eröffnen, die wir hoffentlich in naher Zukunft entdecken werden.

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Katia Hermann
French-German art historian, curator and writer. After her studies of art history and cultural management in Paris, Katia moved to Berlin in 2001. For twenty years, she has worked as a freelance exhibition-maker/curator, cultural manager, writer and translator. After working for documentary film- and exhibition productions, she curated thematic exhibitions of modern & contemporary art and photography for institutions, project spaces and galleries. She always endeavors to promote artists with contemporary relevant topics, new visual languages, and tries to mediate to a wide public. After her research grant for fine arts with the topic Urban Art Berlin (Berliner Senate Department of Culture and Europe) in 2017, she initiated and coordinated the Urban Art Week in Berlin in 2018 and 2019. The photo exhibition BERLIN: WRITING GRAFFITI started 2019 to tour to Brussels with a publication. Beside her curatorial practice, Katia gives art tours and writes about urban art, contemporary art, and in particular about post-graffiti painters for magazines and blogs.

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